Blues statt Bach

Ich sitze auf der Terrasse meiner Laube im Garten und starre auf den Regen. Der wird gerade eimerweise über Leipzig ausgeschüttet. Dazu blitzt und donnert es.

Mist. Das wird heute nix mit dem Konzert am Bachdenkmal. Ich kann froh sein, wenn ich eine Starkregenpause erwische, um aus Markkleeberg zu verschwinden.

Dabei wollte ich heute unbedingt. Schließlich sollte es wirklich Klassik geben und letzte Woche hatte ich ja auch gelernt, was man von erfahrenen Besuchern dieser Freiluftkonzerte am Bachdenkmal neben der Thomaskirche lernen kann. Ich war dann sofort einen Klappstuhl kaufen und nahm mir vor, am nächsten Montag, also heute, schon mindestens 17:00 Uhr mit Stuhl, Verpflegung, Getränk und einem Buch anzurücken.

Letzte Woche hatte ich gerade mal Wasser mit. Und war natürlich viel zu spät, so 5 vor 7. Da war der Platz nämlich schon gerammelt voll, vorwiegend hatten sich da ältere Herrschaften häuslich niedergelassen. Nur auf den Stufen zum Nebeneingang war noch Platz. Aber ältere Menschen können, vor allem, wenn es was umsonst gibt, ziemlich intolerant sein. Die ganze Stufe sei reserviert für irgendjemanden, der noch kommt. Und außerdem kommen aus DER Tür die Musiker.

Leckt mich doch.

Ich war ja froh, nicht schon wieder, von harter ungewohnter Gartenarbeit erschöpft auf meiner Couch dem Vergessen verfallen zu sein wie die Montage zuvor. Ich war da. Zu gucken, was geboten wird, hatte ich natürlich versäumt. Bachdenkmal, lauter alte Leute, da wirds wohl Klassik geben.

Gabs nicht. „Von Bach bis Blues“ nennt der Veranstalter die Konzerte im Juli/August, die immerhin schon zum 36. Mal stattfinden und letzten Montag gabs natürlich, Sie ahnen es schon, Blues.

Blues habe ich bis vor 26 Jahren soviel gehört, dass mein Bedarf eigentlich gedeckt ist, sieht man mal von den ganz alten Heroen ab. Und natürlich dem einen oder anderen Schmankerl der Stones. Aber die, die Stones, laufen sowieso immer und überall außer Konkurrenz. Deshalb riss mich Shri aus den USA nicht gerade vom Hocker, obwohl sie vermutlich gar nicht schlecht waren.

Ich verzog mich, wie übrigens einige ältere Herrschaften, die wohl auch nicht das Konzertprogramm im Kopf hatten, kaufte einen Stuhl, guggelte und freute mich auf heute.

Leipziger Streichquartett. Bei Regen in der Thomaskirche. Aber ehrlich, bei dem Wetter, wie hätte ich da trocken hinkommen sollen, mit oder ohne Stuhl?

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4 Antworten zu Blues statt Bach

  1. Zaphod schreibt:

    Hihi, in solchen Fällen setze ich mich einfach trotzdem dahin und sag, ich kann ja wieder aufstehen wenn die anderen kommen *g*
    Blues bin ich eigentlich auch überdosiert, aber live geht so etwas immer. Streichquartette nur mit Dieter Hildebrandt *g*.

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  2. Frau Tonari schreibt:

    Diese Altersrücksichtslosigkeit kenne ich. Übel. Plötzlich wird der ältere Mensch zum Nabel der Welt. Nur noch sich selbst verpflichtet.
    (Hoffentlich werden wir nicht auch mal so.)

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