Back to the roots

Irgendwann, vor vielen vielen Jahren, habe ich mal einen landwirtschaftlichen Beruf erlernt. Und später auch noch Tierzucht studiert. Allerdings, seit 34 jahren habe ich damit nichts mehr zu tun, sieht man mal von der kurzen Zeit ab, in der ich in einem Institut arbeitete, in dem Impfstoffe u.a. für Kälber entwickelt wurden. Doch im Großen und Ganzen, auch wenn mir hie und da ein Schaf unter die Finger geriet oder ein Schwein: Forschung. Forschung. Forschung.

Seit knapp einem Monat ist damit Schluss. Kein Geld mehr.

Ich hocke zu Hause und denke darüber nach, was ich eigentlich will. Am liebsten zurück in die Landwirtschaft. Nicht in die der Massentierhaltung. Ich denke da eher so an solidarische, soziale, ökologische Landwirtschaft. Oder eine Form des Artenschutzes. Oder Landschaftsschutzes. Aber nicht für Tiger oder Urwälder. Ich denke da eher so an den Schutz von Nutztierrassen. Oder Kulturlandschaften.

Nur, wenn man 34 Jahre nichts mit Landwirtschaft zu tun hatte, ist es ein bisschen blöd, sich entsprechend zu bewerben.

Also muss Wissen aufgefrischt werden. Das Arbeitsamt ist dabei wenig hilfreich. Von wegen Praktikum auf einem Bauernhof. Oder gar woofen. Von letzterem hatte die Tante auf dem Amt sowieso noch nie etwas gehört.

Eigeninitiative ist gefragt. Ich strecke meine Fühler aus, rede hier und frage da im Bekanntenkreis. So kommt der Kontakt zu einem Bauernhof, nur eine halbe Autostunde von der Wohnung entfernt, zustande. Die können immer Hilfe gebrauchen, wehren aber ab, von wegen sie seien doch noch nicht perfekt sondern selber noch im Aufbau.

Das wiederum ist perfekt für mich, denn ich denke, da kann ich viel besser lernen, als einem Bauern hinterher zu stolpern und mir Dinge erklären zu lassen. Und noch besser, die haben Schafe. Schafe habe ich während des Studiums etwas vernachlässigt. Und nochmal besser, die Frau lernt gerade das Käsen. Da kann ich bestens mit lernen. Und weil Gudrun ja immer nach Schafen sucht, erzähle ich von ihr, stoße auf offene, interessierte Ohren, lade sie heute morgen mit ins Auto und los gehts. Raus aufs Land.

Wir kommen genau richtig zur Melkzeit und ich stelle mit Begeisterung fest, dass ich es nicht verlernt habe, das Handmelken. Nebenbei erfahre ich, dass das heute nicht mehr Teil der Ausbildung ist, was mich einerseits wundert, mich andrerseits neidisch macht, denn ich bin seinerzeit durchgefallen durch Prüfung, weil mir so eine dumme Kuh in den Eimer latschte. Huf im Eimer, das bedeutete, Prüfung nicht bestanden, egal wie geschickt man sich bis zum Malheur angestellt hatte.

Dann habe ich zum ersten Mal Weidezaun gebaut, ein bisschen Angst gehabt beim Unkraut jäten in einem Mischkulturfeld (ich habe da mal so gewisse Erfahrungen gemacht), mich beim Schalotten ernten die ganze Zeit gefragt, was nun genau der Unterschied zwischen denen und Zwiebeln ist. Wir haben Entenkücken umgesetzt, Schafgarbe geerntet und Ringelblumen und Johannisbeeren. Wir haben an einem großen Tisch gemeinsam mit der sechsköpfigen Familie, allen Helfern und einem Gastkind Mittag gegessen, und später noch mal in ähnlich großer Runde draußen Kaffee getrunken. Und das meiste auf den Tischen kam direkt vom Hof.

Das war ein bisschen wie früher. Ich habe mich rundum wohl gefühlt. Meine Angst, die Arbeit könnte zu schwer sein, hat sich nicht bestätigt.

Und beim Essen wurden so viele Ideen für die Zukunft angedacht. Mal sehen, was daraus wird. Ich lerne erst Mal weiter.

Gudrun hat ein paar Handyfotos gemacht. Eins klau ich und zeig es hier, die anderen finden Sie dort, bei Gudrun.

Inch melkt ein Schaf. Vielen Dank an Gudrun

Inch melkt ein Schaf. Vielen Dank an Gudrun

Über Inch

www.inch.beep.de
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14 Antworten zu Back to the roots

  1. Zaphod schreibt:

    Ach so, na ja, na dann…anscheinend macht es Dir ja wirklich Spaß im Grünzeugs zu wühlen, wenn Du das schon beruflich ins Auge fasst. Dann wird Dich so ein kleiner Garten nicht aufhalten *g*
    Und durch die Prüfung fallen weil einem die Kuh in den Eimer latscht ist frech, das wird sicher auch dem Melkweltmeister hin und wieder passieren (es gibt tatsächlich einen, ich hab gegoogelt)

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    • Inch schreibt:

      Ich weiß. Das mit den Meisterschaften. Früher konnte man da aber auch nicht gewinnen, wenn einem die Kuh in den Eimer latschte 😀 Wie es freilich heute ist, weiß ich nicht. Heute gibt ja nur noch Sieger

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  2. Zaphod schreibt:

    Ach ja, Schalotten sind kleiner und schmecken auch anders.

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  3. Herr Ärmel schreibt:

    Klasse, ich drücke dir die Daumen, dass dabei herauskommt, was du dir wünschst!
    (und vor lauter lauter bitte das Bembelland nicht vergessen 😉 )

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  4. Dirgis (Sigrid) schreibt:

    Das klingt doch erst einmal postiv. Bei Gudrun gehe ich gleich noch lesen. Vielleicht ist das die viel beschworene Tür. Ich bin gespannt.

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  5. freiedenkerin schreibt:

    Ich finde, du bist auf einem guten Weg – solidarische, soziale und ökologische Landwirtschaft hört sich sehr gut an. Da könntest du sicher etwas bewegen…
    Was ist denn bitte woofen?

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    • Inch schreibt:

      Woofen ist freiwillige mehrwöchige Arbeit auf einem biologischen Bauernhof. Das gibt es weltweit. Nur Kost und Logis sind frei. UNd die Erfahrungen, die man macht

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  6. Menachem schreibt:

    Hhm…, Tiger und Urwälder wär` doch eigentlich gar nicht so schlecht. Käme doch deinem Hobby sehr nahe, dem REISEN 🙂

    Wünsche dir für die nächste Zeit besonders: Ganz viel Gelassenheit 🙂

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    • Inch schreibt:

      Wer Tiger oder Urwälder schützen will, muss in der Regel dafür bezahlen. Es ist ausgesprochen schwer, da in einen bezahlten Job zu kommen. Ohne Erfahrung geht da sowieso nichts

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  7. Anja schreibt:

    Eine tolle Idee! Ich finde koerperliche Arbeit mittlerweile sehr befriedigend. Abends zwickt es hier und da, merkt Muskeln, die man vorher nie (oder lange nicht mehr) wahrnahm, aber man schlaeft wunderbar. Und man sieht direkt, was man geschafft hat. Ernten ist natuerlich das beste! Ich wuensche Dir, dass sich da in Zukunft beruflich was ergibt!

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