Boofenbilchterror*

*Für alle, die neu sind, keine Angst, ich erkläre noch, was Boofe und Bilch sind.

Erstes Septemberwochenende, Zeit mit den Mädels boofen zu fahren.

Da ich irgendwie noch nicht einmal klettern war in diesem Jahr, ist mir einiges entgangen. Zum Beispiel, dass unsere Lieblingsboofe geschleift, das heißt, Feuerstelle und Sitzbäume entfernt wurden. Und offensichtlich schreitet das Deutsche Recht voran. War schon gut 10 Jahre nach der Wiedervereinigung das Feuer machen in Boofen verboten, ist jetzt offensichtlich auch das Boofen überhaupt verboten.

Außer in, ja, wie soll ich es nennen, offiziellen Boofen? Und die heißen dann ganz beamtendeutsch:

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Freiübernachtungsstelle.

Wer lässt sich so was einfallen? Aber wenigstens, neuen Lesern dürfte nun klar sein, was eine Boofe ist. Eine Freiübernachtungsstelle nämlich. Vorzugsweise in der Sächsischen Schweiz. Vorzugsweise unter einem Felsvorsprung. Vorzugsweise mit Feuer… Aber gut, lassen wir das.

Weil diverse Mitfahrerinnen am Freitag nach Geburtstage feiern und Schulfeste, starten wir erst am Samstag Morgen.

7:30 Uhr!

Ich kann Ihnen sagen.

9:02 Uhr fahren wir auf dem Parkplatz an der Neumannmühle vor. Einen so leeren Parkplatz habe ich da noch nie gesehen. Ehrlich.

Bianca stößt zu uns und los geht’s. Hinteres Raubschloss. Michi kennt den Weg zur Boofe.

Die bietet vielleicht 10 Leuten Platz. Wir sind fünf und teilen sofort in Schlafgemach und Speiseraum auf. Legen Boofmatte und Dinge, deren Verlust zu verschmerzen wäre (leider kommt es nun schon seit 20 Jahren immer wieder zu Diebstählen) und machen uns mit leichtem Gepäck auf und hinauf zum hinteren Raubschloss.

Meine Herren. Samstag bei schönstem Wetter. Auf den schmalen Stiegen staut es sich nach oben.

Wir genießen die Aussicht, stauen uns wieder runter, rüber zur Wartburg, wo eigentlich eine lange Lesepause geplant ist, die aber mit Schwatzen vertan wird.

Dann geht’s zur Neumannmühle. Wenn wir nicht kochen dürfen, müssen wir essen gehen. Wahrscheinlich bilden Naturschutz und Gastronomie eine fiese Mafia, die Boofer zwingt, Geld für leckere Menüs auszugeben. Aber immerhin, es macht auch die Rucksäcke leichter.

Zurück zur Boofe, dort erwartet uns eine Überraschung. Zehn weitere Gäste, die sich dreist in unseren Essensraum gelegt haben. Zum Glück soll es nicht regnen, denn nicht alle passen unters Felsdach und weiter vorn liegen auch welche auf einem ganz unüberdachten Platz und oben auf dem Gipfel schlafen auch welche. Ich frag mich, wo die da oben kacken gehen. Wo die es hier tun, ist nicht zu übersehen. Ich weiß nicht, ob sich die Nationalparkwächter einen Gefallen tun, wenn sie ALLE in die paar genehmigten Boofen zwingen. Der Verdauungsmüll häuft sich doch, im wahrsten Wortsinn, bei sicher 30 Leuten allein in dieser einen Nacht. Da wird sogar gekackt, wo gar keine Kackstelle ist. Das ist irgendwie eklig.

Aber ehrlich, ich denke, genau das wird der Grund sein, weswegen man in 10 Jahren das Boofen ganz verbietet. Naturschutz und Kletterer, das war schon immer eine schwierige Ehe. Nur diesmal werden die anderen gewinnen.

Wir schwingen uns nun ganz staufrei hoch auf den Gipfel. Sonnenuntergang genießen. Für Abendgold kommen wir zu spät. Schön ist es trotzdem.

Und dann die Nacht.

Nach Vernichtung aller alkoholischen Getränke trollen wir uns in die Schlafsäcke, da ruft Salli: EIN VIEH!

Alle Lichtschwerter richten sich auf angezeigte Stelle, da läuft er, der gemeine Boofenbilch.

Ist der süß, rufen vier, während Salli zetert und von schlimmen Mäuseerlebnissen erzählt.

Der Bilch ist weg und jetzt wird geschlafen.

Da schreit Salli.

Was!

Wer?

Wo?

Der Bilch hat ihr einen Stein auf den Kopf gerollt.

KINDER.FAUST.GROSS!

Wir leuchten und gucken, und siehe da, da ist noch ein zweiter. Ein kleiner. So süß.

Das wird mir aber nun doch zu bunt und wir drehen die Schlafsäcke um 180°.

Ruhe kehrt trotzdem nicht ein.

Zur Erklärung: Um den Bilch am Klauen des Essens zu hindern, hängt man selbiges an einen Stock, den man wiederum in einen Felsspalt unterm Dach steckt. Das ist nur einen Meter weg von Sallis Schlafplatz. Die Bilche mehren und machen, da ist nicht an Schlaf zu denken.

Und ich soll die fotografieren.

Im Dunkeln!

Ich bin nachtblind.

Das sieht dann so aus.

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Wie sie sehen: Kein Bilch.

Die Kamera ist eh verwirrt und denkt: Ok, wenn sie Felsen fotografieren will…

Aber hier habe ich einen.

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Sie sehen ihn nicht?

Hier

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Und jetzt dürfen Sie noch ein bisschen selber suchen.

Wir hängen das Essen weit weg in einen Baum. Nicht um es zu retten, sondern um die Bilche wegzulocken.

Weg von uns.

Bilche sind Siebenschläfer (Im verlinkten Artikel gibt es auch gelungene Fotos). Und sie gehören zur Boofe dazu wie eigentlich das Feuer.

Dass die aber so einen Rabbatz machen können.

Denn nun springen sie wie Äffchen durch die Bäume, rufen sich, es ist irre.

An Schlaf ist nicht zu denken. Salli notiert mal paar Gedanken der Nacht.

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Gegen drei übermannt er uns doch. Der Schlaf.

Nein also. Irgendwo ist noch meine alte Blechbüchse. Die kommt ab nächstes Jahr wieder als Essensbüchse mit in die Boofe.

Wir frühstücken ausgiebig. Ist ja keine Sportkletterfahrt. Steigen hinunter und laufen zum Zeughaus.

Pünktlich als es regnet, sitzen wir im Auto. Und stauen uns zurück nach Leipzig. Nur diesmal nicht auf Stiegen.

Und jetzt noch ein paar Fotos. Wie immer gilt: Drauf klicken, gucken

Über Inch

www.inch.beep.de
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8 Antworten zu Boofenbilchterror*

  1. Karen schreibt:

    Ich bin so froh, dass wir es dieses Jahr endlich in die Sächsische Schweiz geschafft haben – sonst hätte ich jetzt wieder ganz schreckliche Sehnsucht bekommen. (Naja, so ein bisschen Sehnsucht trotzdem. Ist halt schon sehr, sehr schön da – zu schön für nur alle 16 Jahre mal…)

    Und noch mehr froh bin ich, dass wir noch vor der Ferienzeit und in der Woche da waren…

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  2. Vinni schreibt:

    Wie süß, dieser kleine Krachmacher! Aber nachts statt Schlaf sind sie vermutlich weniger entzückend 😉

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  3. Zaphod schreibt:

    OMG! Schon dieses Gepäck wirkt abschreckend, ich bräuchte einen Sherpa.Noch besser zwei, einen für’s Gepäck und einen für mich *g*

    Viel schlimmer auf dem Schild finde ich das „Feuern verboten“, wie schnell wird aus einem u ein i und dann macht’s ja gar keinen Spaß mehr :D.

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