Geschichtsstunde

So, die erste Arbeitswoche ist vorbei. Sie war angenehm kurz, da sie ja eh erst am 1. November los ging. Aber weil der 31. Oktober hierzulande ein Feiertag ist, saß ich nicht alleine rum.

Einen jungen Mann aus Syrien, den ich bei einem Kochabend von und mit Geflüchteten kennenlernte, und der somit keiner meiner ehemaligen Schüler ist, habe ich zunächst missbraucht, um meinen Garten winterfest zu machen. Dann aber, weil wir dank seiner Hilfe so flink waren, fuhren wir zum Völkerschlachtdenkmal.

Zu diesem Teil habe ich mich in diesem und im Vorgängerblog schon hinreichend geäußert, für den Gartenhelfer aber war das Ding neu. Jedenfalls von innen.

Meine Herren.

Ich war da ja auch ewig nicht mehr drin, geschweige denn oben. Mindestens seit der Fertigstellung der Sanierung anlässlich der 200-Jahrfeier der Völkerschlacht nicht. Und so landeten wir im Fundament.

Da war ich ja noch nie.

Natürlich kommt man nur ins oberirdische Fundament. Aber immerhin. Irgendwo biegt man von der Treppe ab und landet in einem Raum, in dem permanent ein Video läuft. Völkerschlacht, Bau des Denkmals, Missbrauch und Sanierung desselben.

Übrigens Treppen.

Es gibt ja schon seit einiger Zeit einen Fahrstuhl. Immerhin bis zur Sängerhalle.

Aber wir sind natürlich gelaufen. 500 Stufen. Da wir nicht über die Außentreppe direkt zum Eingang der Krypta gegangen sind, sondern eben durch das Fundament, hoffe ich, dass es nicht mehr waren.

Das Ding ist 91 m hoch und im Prinzip hohl. Also ich meine, wenn man in der Krypta steht, kann man bis hoch gucken. Und dementsprechend in der Sängerhalle bis ganz runter, oder aber eben auch bis ganz hoch.

Interessant für mich, das hatte ich vergessen, war, dass die Reiter in der Kuppel von oben ganz verschoben aussehen. Von unten erkennt man sie natürlich.

Früher gab es gleich unten am Eingang zur Krypta einen Raum, da konnte man sich erst mal ein bisschen informieren. Gibt es nicht mehr und ich kramte angestrengt in meinen Hirnwindungen, um alle Fragen zu beantworten.

Zum Glück, vorerst, haben wir den Eingang zur Ruhmeshalle nicht gefunden. Wir können sie zwar sehen, und ich stammle was von Opferbereitschaft, Vaterlandsliebe, Ruhm und Ehre, bin mir aber nicht sicher. Ganz unten jedenfalls, in der Krypta, die Ritter da, die bewachen das symbolische Grab der in der Völkerschlacht Gefallenen.

Und über uns die Reiter in der Kuppel, naja, das sind eben Reiter.

Wir stiefeln weiter. Die Treppen werden nun enger und enger. Es gibt welche für den Aufstieg und welche für den Abstieg. Weil es so eng ist. Einen Drehwurm kriegt man auch. Ich glaube mich zu erinnern, dass es jetzt durch irgendeine Figur geht. Durch einen der Wächter, die um die Kuppel herum angebracht sind.

Kann aber sein, dass es da erst ab der ersten Aussichtsplattform hinein geht, denn ab da wird’s noch enger. Und ab hier regelt eine Ampel Auf- und Abstieg.

Wir sind ganz oben. Als Kind lag ich auf der Brüstung und guckte hinunter. In Begleitung meiner Eltern, Großeltern oder Lehrer. Je nachdem. Heute ist das natürlich strengstens verboten.

Die Sonne ist heraus gekommen. Immerhin. Trotzdem, Weitsicht sieht anders aus. Aber mein Gartenhelfer und Nicht-Schüler ist begeistert und fotografiert und fotografiert. Die Stadt können wir sehen und von hier oben erkunden. Und wen interessiert heute schon der Collm oder Liebertwolkwitz.

Treppab wollen wir jetzt aber die Ruhmeshalle nicht verpassen.

Das ist doch zum verrückt werden.

In der Krypta frage ich so einen Kartenkontrollierer.

Ach so, raus und die nächste Tür rechts.

Hatte ich vergessen.

Nun stehen wir also hier.

9,5 m hoch sind die vier Plastiken und verkörpern die Eigenschaften des Deutschen Volkes während des Befreiungskriegs. Dass das da Befreiungskriege hieß oder heißt, habe ich ja schon vor drei Jahren verwundert festgestellt.

Ich habe natürlich vergessen, was die Deutschen Eigenschaften sind, stattdessen amüsieren wir uns darüber, dass die stillende Mutter eigentlich ein Mann ist. Ein Mann mit zwei Brüsten. Erst jetzt lese ich, das ist eine sinnende Mutter. Ich hoffe, ich sah nie so aus, wenn ich sinnierte. Naja, jedenfalls, falls Sie wissen wollen, was die Eigenschaften des Deutschen Volkes in den Befreiungskriegen waren, Voilá:

Volkskraft (eben jene Mutter)

Glaubensstärke

Tapferkeit

Opferbereitschaft

Vielleicht lässt sich daraus ja ne Leitkultur basteln.

Wir staunen eher über die Leistung der Erbauer.

Und gehen dann noch ins Museum nebenan. Immerhin kostet der Eintritt 8€, da will ich das ganze Paket.

Ich glaube aber, mein Gartenhelfer fühlt sich hier nicht wirklich wohl. Zuviel Krieg. Zuviel Zerstörung, Zuviel tote Zinnfiguren.

War trotzdem ein schöner Tag. Der junge Mann freut sich, weil er das Thema gerade im Orientierungskurs hat.

Und ganz im Sinne der Völkerverständigung gibt’s zum Abschluss Döner.

Ich hatte wieder nur die kleine Kamera mit. Deshalb kann ich Ihnen nicht alle zu Stein gewordenen Eigenschaften des Deutschen Volkes im Befreiungskrieg zeigen. Zu viele Bilder sind einfach nix geworden.

Trotzdem: Drauf klicken = groß gucken.

Über Inch

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3 Antworten zu Geschichtsstunde

  1. Dirgis (Sigrid) schreibt:

    Der Blick von dort oben ist auch ohne Weitsicht immer wieder schön.

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  2. Zaphod schreibt:

    Verpasst man durch den Fahrstuhl irgend etwas (außer kaputten Gelenken)? *fg* 500 Stufen freiwillig würde ich mir jedenfalls nicht antun ^^

    Doll finde ich ja diese große Kirche die anscheinend mitten im Wald liegt, ist das noch ein Teil von Leipzig?

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    • Inch schreibt:

      Ja. Klar. Leipzig ist eben schön *grins*. Hinter dem Wald liegt übrigens das Haus meiner Eltern. Also so bissl rechts hinterm Wald. Am südlichsten Zipfel von Connewitz.
      Der Wald, der da zu sehen ist, gehört bzw ist der Südfriedhof. Und weil er tatsächlich sehr schön und sehr grün ist, bin ich da gern mal. Einfach so zum Spazieren.

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