Fair gehandelt, biologisch produziert und natürlich regional und unverpackt

oder von den Ansprüchen und Realitäten

Um es mal deutlich zu sagen:

Im neuen Job verdiene ich weniger als ich ALG I bezogen habe.

Nachdem ich mich also schon vor 1,5 Jahren nach überstandener temporären Schnappatmung drastisch einschränken musste, galt es auch jetzt wieder, darüber nachzudenken, auf welchen Abo- Schnickschnack ich verzichten könnte.

… und bin dabei grandios gescheitert.

Das Presseverteilzentrum, das ja ohnehin einen „guten Ruf“ genießt, reagiert auf meine schon in der ersten Jahreshälfte versendeten und im September nachgemahnten Kündigung nicht.

Und Vodafone, zu dem Kabel Deutschland ja jetzt gehört, überraschte mich mit den Kündigungsfristen eines 17 Jahre alten Vertrages. Der läuft nun noch bis Dezember 2017, kostet mich mehr als 30 € monatlich für einen Dienst, den ich eigentlich gar nicht mehr in Anspruch nehme und lässt mich darüber nachdenken, ob ich Telefon und Internet nicht auch kündige.

Aber ich schweife ab.

Ich habe also jetzt ganz viel weniger Geld.

Da stellt sich für mich die Frage, ob ich das mit den Biolebensmitteln durchhalte. Ich habe ja immer behauptet, auch weniger gut Verdienende können sich gesund ernähren. Meine Kinder sind mir da ein leuchtendes Beispiel. Nun aber werde ich selber beweisen müssen, dass das funktioniert. Ich mache quasi den Praxistest.

Diese Gedanken bringen mich endlich zu diesem lange geplanten Blog.

Ist nämlich alles nicht so einfach.

Schließlich gibt es viele Labels zu beachten.

Bio. Ganz klar.

Aber was ist heutzutage noch Bio?

Grundsätzlich finde ich es ja gut, dass auch in Supermärkten, ja Discountern, Lebensmittel mit geringeren Anforderungen, sozusagen Mindestanforderungen an Bio angeboten werden. Das hilft möglicherweise den Leuten beim Umdenken. Zumindest sehen sie die Lebensmittel ja beim Einkauf. Andererseits bringt das natürlich auch wieder Biomassentierhalter und Biogroßbetriebe auf den Plan. Eigentlich widersprechen sich o.g. Begriffe schon in sich, sind aber Realität. Das ist eben Kapitalismus. Es geht ums Geschäft. Ich benutze übrigens absichtlich das Wort Kapitalismus und nicht Marktwirtschaft.

Was mich aufregt, ist, dass ich den Mist auch in reinen Bioläden finde. Aber natürlich zu einem ganz anderen, nämlich wesentlich höheren, Preis. So schleiche ich durch die, inzwischen sind das ja auch Supermärkte, die die kleinen Einzelhändler längst verdrängt haben, und suche nach Demeter und Bioland- Produkten. Den Höhepunkt erlebte ich neulich in Plagwitz an der Käsetheke. Die ausgestellte Ware hatte nicht mal das EU-Biosiegel. Meine verblüffte Frage wurde mit „Na das ist aber auch wie Bio“ beantwortet und veranlasste mich zum umgehenden Verlassen des Ladens, den ich seither nie mehr betreten habe.

Aber auch Bio, auch wenn es Demeter oder Bioland ist, ist fragwürdig, wenn es aus Spanien oder Südafrika importiert wird. Da erschließt sich mir der ökologische Sinn nicht.

Nun gibt es aber Dinge, die sind regional einfach nicht zu haben.

Kaffee zum Beispiel, Bananen, Orangen und Schokolade. Das sind tatsächlich die vier nicht regionalen Hauptprodukte, die ich zum Überleben brauche.

Da tendiere ich doch seit einiger Zeit eher zu Fairtrade.

Aber auch hier zeigt sich wieder: Fairtrade ist nicht gleich Fairtrade. Genau genommen ist nur GEPA, zumal Dreiviertel der GEPA Lebensmittel auch noch aus dem ökologischen Landbau kommen, wirklich fair. Nicht aus Demeter oder Biolandhöfen, aber man kann eben nicht alles haben.

Aber egal ob wirklich Bio oder GEPA, die meisten Dinge sind doch ziemlich verpackt.

Verpackunsmüll ist, auch wenn Deutschland ein Vorbild in Trennung und Recyling ist, mindestens genau so schlimm wie Genmais und Düngegifte.

Nun gibt es auch in Leipzig neuerdings Unverpackt-Läden. Genau genommen zwei. Beide nicht mal ein Jahr alt. Einen in der Südvorstadt, einen in Plagwitz, also genau da, wo man solche Läden erwarten darf.

Allerdings vergrößert das das Dilemma um eine weitere Entscheidungsmöglichkeit. Zwar werden hier nur Bioprodukte angeboten, allerdings eben gerade mal die nach EU-Richtlinien als Bioprodukte geltenden Lebensmittel.

Fairtrade ist eigentlich nebensächlich. Regional. Naja.

Wahrscheinlich wäre auch unverpackt, echt Bio UND echt Fairtrade tatsächlich unbezahlbar, denn natürlich ist unverpackt teurer als verpackt.

So wühle ich mich also durch ständige Kompromisse, wobei die Bio-Supermärkte im Moment die geringste Beachtung finden. Es gibt noch zwei mir bekannte Einzelhändler, aber da komme ich eher selten hin. Zumal es mir auch da viel zu viele Dinge mit EU-Siegel gibt.

Da bleibt eigentlich nur der Wochenmarkt.

Der Wochenmarkt erfüllt einige Kriterien. Er ist regional. Es gibt Biobauern. Ich kann die Produkte auch ohne Verpackung kaufen.

Freilich ist nicht alles Bio und ob die Bauern ihre Arbeiter fair behandeln bzw die Bauern selber fair behandelt werden, kann ich auch nicht wissen.

Da aber regional, kann man die Höfe besuchen. Man kann sich umsehen und sich zumindest von der Art der Tierhaltung ein Bild machen.

So kaufe ich meinen Schafs- und Ziegenkäse, meine Rinds- und Schafssalami nur bei solchen Bauern. Jedenfalls, wenn sie da sind.

Und natürlich kaufe ich mein Brot beim Bäcker um die Ecke.

Und viele Dinge bei Discountern.

Aber bestimmte Dinge gibt es eben nur aus dem Garten, vom Markt, unverpackt oder Fairtrade.

Mal sehen, wie lange ich daran festhalte. Ich bin gespannt.

Über Inch

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19 Antworten zu Fair gehandelt, biologisch produziert und natürlich regional und unverpackt

  1. Martin schreibt:

    Das mit den Bio-Siegeln ist so eine Sache. Die Zertifizierung kostet einfach wahnsinnig viel Geld. Das ist gerade für kleine Produzenten wirklich schwierig. Ein „wie Bio“ ist also durchaus möglich, es ist aber schwieriger die Preissteigerung an den Konsumenten weiterzureichen.

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    • Inch schreibt:

      Tut mir leid, Martin. Da gehe ich nicht mit. Wie Bio ist nicht Bio. Wenn ich Wurst ohne Schweinefleisch kaufe will ich ja auch nicht eine, die wie ohne Schweinefleisch ist. Das ist Etikettenschwindel. Wie Bio heißt zum Beispiel, ich habe keine Ahnung, womit die Tiere gefüttert wurden. Am Ende mit Soja im Futter?
      Die Umstellung auf Bio mit Zertifikat ist schwierig, das weiß ich selber, ich bin vom Fach. Aber es gibt andere Möglichkeiten, zum Beispiel Käse zu einem guten Preis zu verkaufen. Inn einem Bioladen aber haben solche Lebensmittel nichts zu suchen.

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  2. Vinni schreibt:

    Das Problem ist, dass sie „ein wie Bio“ eben nicht als Bio verkaufen dürfen, auch wenn es zumindest für mich menschlich nachvollziehbar ist, auf den Zertifizierungswahnsinn zu verzichten. Aber Bio darf eben nur als Bio verkauft werden, wenn es auch tatsächlich zertifiziert ist, alles andere schmeckt schon nach Verbauchertäuschung und Verstoß gegen das Ökolandbaugesetz :/

    Ich drücke die Daumen für den Kampf mit Vodafon!

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    • Inch schreibt:

      Danke Vinni für die guten Wünsche bezüglich Vodafon. Du hast natürlich Recht mit dem Zertifizierungswahn. Aber manchmal macht das Sinn. Mir hilft es eben, das was ich unter Bio verstehe von dem, was als Bio bezeichnet wird, zu unterscheiden. 😀 Und dafür bin ich auch bereit, den entsprechenden Preis zu bezahlen. Ich bin übrigens auch bereit, konventionellen Bauern den entsprechenden Preis zu bezahlen, aber das klappt nicht im Discounter

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  3. werner schreibt:

    Wochenmarkt finde ich auch am Besten, ergänzt mit Naturkos/Bioläden des Vertrauens und dort auch immer nochmal schauen, obs zu meinen persönlchen Richtlinien passt.

    Übrigens gibts auch noch einen Unverpacktladen auf der Könneritzstrasse in Schleußig.

    Eine weitere interessante Bezugsquelle könnte eine Food Assembly sein, da gibts in Leipzig bald 3 davon: https://foodassembly.de/de/assemblies/7704

    Oder Foodsharing (via facebook-Gruppe, ansatzweise auch in der Nachbarschaft, z.B. über nebenan.de oder über fairteiler bei https://foodsharing.de/ )

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  4. Andreas schreibt:

    Bei Obst und Gemüse vom Wochenmarkt finde ich das Biosiegel auch verzichtbar, wenn – wie in meinem Fall – der Gärtner selbst seine Erzeugnisse verkauft und glaubhaft versichert, dass er keine Pflanzenschutzmittel o-ä. verwendet. Hervorheben möchte ich da v.a. Herrn Kabisch aus Miltitz.
    Ansonsten empfehle ich allen Menschen, sich mal mit dem Konzept einen Mitgliederladens vertraut zu machen. Schon aus emanzipatorischer Sicht unbedingt nachahmenswert! Aber vor allem Leute, welche oft im Bioladen kaufen, werden die fainanziellen Vorteile schnell feststellen. In Leipzig ist da die Schwarzwurzel bislang einziger Vertreter im Bio-Segment. http://www.schwarzwurzel.org

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  5. Herr Ärmel schreibt:

    Ich ziehe den Hut vor deiner Konsequenz und drücke dir die Daumen, dass du möglichst weit damit kommst. Ich versuche gerade etwas ähnliches gemäss dem alten Spruch: think globally act regionally. Dabei kommt es mir weniger auf zertifizierte Lebensmittel allein an, sondern auf mein ganzes alltägliches (Konsum)Verhalten.
    Mir stellt sich dabei die Frage, ob man z.B. jeden Tag duschen muss (Wasserverbrauch!), Kleider und anderes systematisch gebraucht zu kaufen usw. usf. Diese Konsequenz erfordert Zeit und Geduld. Auf der anderen Seite fallen viele Zeitfresser weg, wie TV, Internetgedaddel und anderes.
    Eins steht nach einem knappen halben Jahr des Versuchs jedenfalls schon fest. Das Leben ist abenteuerlicher und interessanter als ich mir das vorgestellt habe. Und die freiheitlichen Gefühle sind einfach klasse.

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    • Inch schreibt:

      Mir fällt grad auf, dass mich viele dieser Dinge, die Du ansprichst, schon länger beschäftigen und ich mein Verhalten schon geändert habe. Auch fällt mir ein, dass ich darüber mal bloggen wollte. Jetzt ist es wieder in der obersten Schublade, mal sehen,ob und wann ich Zeit finde

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  6. jongleurin schreibt:

    Toitoitoi dabei, ein sehr interessantes Thema! Hier in Hamburg gibt es einen Anbieter im Umland, der Kattendorfer Hof, der „solidarische Landwirtschaft“ anbietet. Man kauft einen monatlichen Anteil am Hof, auf dem zu demeter-Kriterien angebaut und Tiere gehalten werden, sogar eigener Käse wird dort hergestellt, und dann kann man aus den Verteilstellen jeden Monat seinen Anteil Fleisch, Käse, Milch, Gemüse abholen. Ein Anteil liegt bei 180 Euro. Ich finde es nicht so enorm billig, aber zumindest preiswert – man befreit den Hof mit diesem Geld von den Zwängen des Marktes, es ist alles regional und selbst produziert zu fairen Arbeitsbedingungen. Vielleicht gibt es so etwas in deiner Umgebung auch?

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  7. antje schreibt:

    boah, ich staune! was es so alles gibt! hier habe ich nicht einmal einen Wochenmarkt, weder in meinem Dorf noch in der nächsten Kleinstadt.

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