Die engsten Gassen von Athen

… die wir gesehen haben.

Steht man auf der Akropolis und schaut hinunter, fällt ganz nah ein Dächergewirr auf. Anafiotika. Da will ich hin.

Wir sind ja wieder mal ohne Reiseführer unterwegs. Lassen uns eher von Tipps und Ideen leiten. Für die Akropolis braucht frau das ja nicht, aber sonst so.

Natürlich haben wir ein oder zwei kostenlose Stadtpläne. Anafiotika ist da nicht drauf. Dabei liegt das Viertel wirklich ganz nah an der Akropolis, ist sozusagen an ihre Mauern gebaut.

So irren wir erst ein bisschen rum, landen in einer Straße, durch die immerhin Autos passen, mit vielen Läden links und rechts, Restaurants und noch mehr Touristen. Ich bin ein bisschen enttäuscht, denn das sieht hier nicht ganz so aus, wie ich es gelesen und erwartet habe. Vor allem sind die Häuser eher selten weiß.

Kommt, lasst uns mal da ein bisschen rauf gehen. Und – schwupps- finden wir uns in einem Gassengewirr wieder. Es geht treppauf, treppab, manchmal ist es sogar eben. Die Häuser sind weiß, die Treppen manchmal bunt. Es ist so eng, dass ich mich frage, wie die Leute die Möbel in die Häuser gekriegt haben oder kriegen. Aber die Häuser sind so klein, dass da eh nicht viel rein passt, wenn man berücksichtigt, dass da auch noch Menschen reinpassen müssen.

Die Menschen sind, soweit wir sie sehen, keine Ökoterroristen, Hippster und Walldorfschüler, sondern eher ganz normaler Durchschnitt. Und Gefüchtete. Ob letztere hier regulär wohnen oder in einer der Ruinen hausen, ist allerdings nicht ersichtlich. Denn das Viertel scheint nicht, wie ja schon die Einwohnerschaft andeutet, gentriefiziert. Es gibt Bewohntes und Verfallendes und Verfallenes. Direkt am Fuß der Akropolis. Und kaum Touristen. Keine Läden und keine Restaurants.

Die Geschichte des Viertels ist spannend und so wohl nur in Europa in Ländern wie Griechenland möglich. In Deutschland jedenfalls undenkbar.

Direkt an den Hügeln der Akropolis gelegen, galt die Lage zur Bebauung als unattraktiv. Außerdem wurden weite Teile Athens nicht bebaut, um spätere Ausgrabungen zu ermöglichen.

Handwerker von den Kykladen errichteten hier, nur 7 Jahre, nachdem das Gebiet zur geschützten archäologischen Stätte erklärt wurde, ihre kleinen weißen Häuschen. Natürlich ohne Baugenehmigung. Es heißt, das erste Haus wurde in nur einer Nacht gebaut. Es heißt auch, dass danach Häuser, die in nur einer Nacht gebaut wurden, stehen bleiben durften. Aber die Erbauer waren wohl eher arm, bauten sie doch in einer Zeit größter Wohnungsnot, der Baugrund  zu steil, als dass man hätte große Behausungen errichten können. Das war Ende des 19. Jahrhunderts.

Wurden die Häuser, ohne das je eine Baugenehmigung erteilt wurde, zunächst geduldet, besteht seit Mitte des letzten Jahrhunderts kein Rechtsanspruch auf Besitz und Wohnrecht mehr.

1970 wurden 75 der damals 84 Hausbesitzer aus archäologischen Belangen enteignet. Ob das jetzt bedeutet, dass 75 Häuser auch geräumt werden mussten, oder 9 Bewohner heute doch als Besitzer ihrer Häuser gelten, habe ich nicht ganz begriffen. Fakt ist, dass 27 Häuser tatsächlich abgerissen wurden und heute mehr als 9 Häuser bewohnt sein.

Die Wohndichte ist sehr hoch und soll hauptsächlich noch aus den Nachfahren der einstigen Hügelbesetzer sein. Die Bewohner pflegen ein eher dörfliches Leben, ganz Athen kämpft um den Erhalt des Viertels, das unter Denkmalschutz gestellt gehört. Das Fehlen von Läden und Restaurants hält Touristen angenehm fern und so bildet das Viertel, zwischen der Hauptattraktion der griechischen Hauptstadt und dem lauten, belebten Viertel Plaka eine Oase der Stille und Ruhe im Moloch Athen.

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4 Antworten zu Die engsten Gassen von Athen

  1. freiedenkerin schreibt:

    Das sieht irgendwie schon romantisch aus. Auch abenteuerlich. Und ohne Zweifel muss man recht fit und schlank sein, um dort wohnen zu können…

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  2. Reny schreibt:

    Danke für den tollen Bericht und die interessanten Bilder.

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  3. Trude schreibt:

    Schön mal wieder was von dir zu hören bzw. zu lesen. In Griechenland war ich noch nie, scheint jedoch sehenswert zu sein. Danke für den Bericht und die vielen Bilder. Viele Grüße…..

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  4. athenmosaik schreibt:

    Anafiotika hat mich auch gleich begeistert, ich bin auch ein Fan des Entdeckens ohne Reiseführer, da ist die Freude gleich viel größer über Schätze wie dieses Inselviertel.

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